CDT 21, 30. Juni – 2. Juli, Winter Park – Grand Lake

Wir hatten keinen Stress an diesem Morgen, erst im Hostel einen Kaffee trinken. Der Kaffee ist gratis, plus Riegel einfach zum nehmen, super lieb vom Besitzer. Wir telefonierten noch in die Schweiz, ist auch schön wieder mal Schweizerdeutsch zu plaudern. Danach gingen wir noch Frühstücken. Irgendwie hatten wir keine Eile auf den Weg zu kommen. Wir stellten uns an die Passstrasse und ein sehr nettes älteres Ehepaar fuhr uns hoch.

Sie wünschten uns viel Glück und ‚dass Gott mit uns sei‘. Die Frau lachte und meinte, das bräuchten wir heute. Wie recht sie hatte, schon beim Aufstieg auf den Mount Flora (4001 m) zogen wir unsere Regenhosen und Ponchos an.

Mount Flora 4001 müM

Es war nass, kalt, neblig und heftig windig. So heftig, dass wir nicht wirklich Spass hatten. Das stürmische Wetter dauerte an bis wir vom Gipfel gestiegen waren. Der Trail ging über ein Steinfeld in Schlaufen hinunter zur Baumgrenze. Unten im Wald machten wir uns warme Swiss Milk und es hatte aufgehört zu regnen.

Als wir aufbrachen kam „Swiss Monkey“, ein Schweizer aus Obwalden.

Unsichtbar
Andy und Swiss Monkey

Wir liefen los und natürlich, der Regen fing auch wieder an. Aber am Abend konnten wir bei Sonnenschein essen, was sehr gemütlich war.

Kletteräffchen Swiss Monkey

Swiss Monkey war noch weiter gegangen, wir gingen’s langsamer an. Ich lief mit Schmerzmitteln und der Fuss schmerzte mal unten, mal oben. Wir meinten, so lange es nicht immer dieselbe Stelle ist, geht’s.

31. Juli:
Am nächsten Tag stand der letzte Gipfel über 4000 Meter an. Der Aufstieg war bei Sonnenschein, genial. Andy wartete vor dem letzten Stück Weg zum Gipfel auf mich, sodass wir gemeinsam den Gipfel, James Peak (4056 m) erreichten.

Der letzte 4000er Gipfel

Super dankbar und glücklich waren wir, es geschafft zu haben. Es wird weiterhin Höhenmeter geben, aber nicht mehr in diese Höhegrade von über 4000 m.ü.M.

  1. Juli:
    Am nächsten Tag ging’s weiter zu den drei Seen: Monarch Lake, Lake Granby und Grand Lake. Der Wald um die ganzen Seen war in einem katastrophalen Zustand, über mehrere Hügel hinweg. Waldbrände im 2020 und der Borkenkäfer hatten hier gewütet.

Frühmorgens kamen wir an eine Parkplatz mitten im Wald, da war eine ganze Gruppe Elche: drei Jungtiere und zwei Alte. Wir mussten warten, bis sie den Weg freigaben, natürlich hat Andy wieder gefilmt.

Erst als ein erwachsener Elch um die Abschrankung kam ging Andy auf dieselbe. Ich denke manchmal, ich sollte ihn filmen. Es ist meistens sehr lustig solche Aktionen aus sicherer Distanz zu beobachten. Danach stiegen wir zum ersten See, dem Monarch Lake, ab.

Es hatte extrem viele Leute und ein netter Herr, der hier die Leute begrüsste, um ihnen die nötigen Informationen zu geben, wo welche Wege sind und wie man sich bei Tiersichtung richtig verhält. Dies entsprach nicht ganz dem, wie es Andy machte.

Wir bekamen spontan ein Bier zum Frühstück plus Energieriegel. War eine grauenhafte Kombination, aber uns egal, es waren auch zusätzliche Kalorien.

Morgen um neun auf dem CDT

Der Grand Lake war nicht unser Ding. Oben hatte es Wald in krankem Zustand (Borkenkäfer und/oder Waldbrände), unten der See mit allerlei Spielzeugen wie Boote und Jet-Skis und so weiter! Viel zu viel Lärm, vor allem Musik und Motorenlärm. Sind einfach extrem die Amis, es genügt ihnen nicht mit Vollgas über den See zu brettern, nein, die Musikanlage hatte genau so viel Leistung wie die Bootsmotoren, und das bei einigen Personen.

Die Ortschaft Grand Lake liegt am gleichnamigen See Grand Lake, eine tolle Stadt im Western-Stil. Wir übernachteten in der Shadowcliff Mountain-Lodge, sie liegt über dem Grand Lake am Hang, der Blick auf den See ist sehr schön. Auf die andere Seite (hinten) war vom Waldbrand (im 2020) alles schwarz und verkohlt, nicht schön.

Am Empfang trafen wir nochmals den Schweizer Hiker „Swiss Monkey“. Er wollte eigentlich auf den Weg zurück, da ihm das letzte Zimmer zu teuer war. Wir bezogen es dann zu dritt und gingen dann zum Essen mit ihm.

CDT 20, 25. – 29. Juni, Frisco – Winter Park

25. Juni:
Im Motel hatten wir noch gefrühstückt, danach fuhr uns der Bus von Frisco auf dem Hwy 9 Richtung Breckenridge, ein Ferienort mitten in Colorado, zu unserem Ausgangspunkt vom Trail.

Im Bus sahen wir wieder mal ein Hiker, den wir schon mehrmals auf dem Weg gesehen haben, er stammt aus Indien. Ich fange erst jetzt an, mir die Hiker zu merken. Es ist unglaublich verwirrend, wo die Hiker unterwegs sind, sie wandern irgendwo rauf, runter, ab vom Weg und steigen nach einer Auszeit wieder irgendwo ein, nichts für uns.

Thru-Hike, in einem Mal von Mexiko nach Kanada, das ist unser Ziel. Unkompliziert mögen wir’s nicht, wir weichen nicht jedem Problem aus oder umfahren es. Wir sind da schon ein wenig willensstark: anfangen und fertig machen, wenn’s geht.

Wieder auf dem Weg merkt man das Denver in der Nähe ist (die Hauptstadt und mit 715’000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt in Colorado). Wir mussten immer wieder mal aus dem Weg springen. Biker kamen den Hang herunter geschossen wie Geschosse. Auch viele Tages-Hiker waren unterwegs. Neben dem Weg hatte es noch eine Piste für Vierradtöff und es war viel los an diesem Nachmittag.

Am Abend kam dann noch ein Gewitter und wir verkrochen uns blitzschnell im Zelt da es draussen hagelte und gewitterte. Nach zwei Stunden war der Spuk vorbei, unser Zelt war genial es hält etwas aus und blieb trocken.

26. Juni: Am nächsten Morgen standen wir vor fünf auf, es ging in die Höhe auf zwei Berge: auf den Glacier Peak (3920 m) und den Whale Peak 3979 m.ü.M.) Auf dem ersten Gipfel war kalt und null Sicht, wir mussten mehrere Male den Weg suchen, beziehungsweise ohne Navigation hätten wir null Chance gehabt, ihn zu finden.

Zwei Berge mit der gleichen Aussicht

Leider war es beim zweiten Gipfel dasselbe und beim Abstieg kam dann ein Gewitter auf. Wir beschlossen ins Tal abzusteigen unter die Baumgrenze. Den ganzen Nachmittag und Abend bis zum Nachtlager immer im Regen, doch mit den Ponchos blieben wir trocken.

Irgendwann kam noch eine junge Hikerin vom Berg. Wir liefen mit ihr zurück zum CDT, dort wo der Weg wieder in die Tiefe kam. Der Trail ging durch ein Dörfchen mitten im Wald, sehr verrückt, hier scheint jeder an Gebäuden hinzustellen, was ihm gefällt. Also, wenn wir keine Kinder hätten, ich glaube wir würden sofort hier bleiben, so cool hier.

Das Colorado-Wetter ist sehr wechselhaft. Was aber oft stimmt, ist, dass es morgens bis mittags meistens trocken ist und am Nachmittag ziehen Wolken auf und irgendwann wird’s nass. Die Frage ist nur: kommt Regen, Hagel oder Schnee?

Darum standen wir am nächsten Tag früh auf, um halb fünf waren wir startklar. Denn der „highest point“ vom CDT, Grays Peak, der höchste Berg, stand bevor. Wir bestiegen ihn bei schönstem Wetter.

Grads Peak 4352 müM

Trocken und steil, einfach spannend war der Aufstieg zum Argentine Pass, dann kam die echt verrückte Gratwanderung zum Mount Edwards (4218 m) und weiter über den Grat zum Grays Peak, dann auf 4352 müM hoch. Der Grat war links und rechts steil abfallend. Also sicher war’s nicht, wir gingen es sehr vorsichtig an und blieben öfters stehen, um zusammen zu diskutieren, wo’s besser ging. Hier machten wir ausnahmsweise keine Sprüche mehr.

Ich liebe solche Herausforderungen, aber bitte mit Absicherungen, Ketten, Seile oder was auch immer! Hier war nichts vorhanden, einfach krass die Amis. Auf dem Gipfel machten wir eine Stunde Pause und danach stiegen wir ab bis zum Interstate 70.

Im Hintergrund Mount Edwards und Grays Peak mit Grat

Dort ging der Trail 6 Kilometer neben der I-70 auf Asphalt. Mein Fuss fing wieder an zu Schmerzen. Asphalt werde ich in nächster Zeit meiden. Bei der nächsten Teerstrecke werden wir versuchen, die Strecke per Autostop zurückzulegen. Das ist ja super einfach hier, du läufst zu einem Parkplatz und schon wirst du mitgenommen, unglaublich. Aber wir sind hier zum Wandern und nicht, um Auto zu fahren.

Nächster 4000 er am nächsten Tag

Der letzte Tag von dieser Strecke auf dem Grat war eine sehr einfacher Wanderweg, wir wanderten 27 Kilometer um ein Tal herum. Super Wetter hatten wir bis wir abstiegen zum Hwy 40. Wir stellten uns hin um Autostop zu machen und keine fünf Minuten später kehrte ein Auto um, um uns hinunter zu fahren nach Winter Park, einem Skigebiet.

Wir bekamen gerade noch das letzte Zimmer im Hostel. In den Dörfern und Städten wimmelt es immer von Hikern und die kleinen Hostels für CDT-Hiker sind so fast immer voll. Winter Park ist ein typischer Skiort, links und rechts der vierspurigen Hauptstrasse säumen sich Restaurants und Sportartikelgeschäfte.

Wir blieben zwei Nächte, so konnte sich mein Fuss gut erholen.

CDT 19, 21. – 24. Juni, Twin Lakes – Frisco

Der längste Tag, 21. Juni „Naked day“

Wir genossen noch einen Burger in Twin Lakes bevor wir weiterzogen Richtung Breckenridge. Dieser Abschnitt in Colorado geht über drei Pässe. Hinter Twin Lakes stiegen wir den Hang hinauf bei Sonnenschein. Von oben sah das Tal mit den beiden Lakes sehr schön aus.

Auf der Höhe haben Biber das Wasser gestaut mit Dämmen in mehreren Stufen, sehr fleissige Tiere.

Als wir bei einem Bach zum Trinken sassen, kamen plötzlich zwei nackte Hiker angehuscht. Wir lachten und ich fragte: „Was ist los mit euch?“, sie: „Es ist der längste Tag, also naked Hiker day!“ lch machte gleich mal ein Foto von den zweien.

Sledge and Channy

Das gehört auch zu diesen Langstrecken-Trails, einfach Spass zu haben. Andy konnte sich auch nicht beschweren, auch Frauen machen mit. Aber Fotos wären dann zu weit gegangen. Wir mussten schon recht lachen, es hatte nämlich viele Mücken, die auch ihre Freude hatten.

Wir liefen durch die Holy Cross Wilderness bis um acht am Abend. War wieder sehr schön, es blühte und duftete im Wald und auf den Wiesen, manchmal möchte man einfach stehen bleiben und geniessen.

22. und 23. Juni:

Die nächsten Tage waren ein Auf und Ab an Höhenmetern. Der Trail führte gleich über drei Pässe: Top of Ridge 3444m, der zweite, Tennesse Pass 3059m, dazwischen natürlich auch Abstiege. Wie könnte es auch anders sein in den Rocky Mountains!

Wir waren recht gefordert auf dieser Strecke. Am zweiten Abend, nach der Tennesse Pass-Strasse (3177 m.ü.M.) stellten wir das Zelt.

Am nächsten Tag standen wir vor sechs Uhr auf. Wir brauchten gerade mal 20 Minuten, um alles einzupacken und los zu laufen. Es war extrem kalt und wir zogen unsere Mützen und Handschuhe an beim Wandern.

Junge Leute, die den CDT-Weg unterhalten oder neu anlegen

Am Morgen sahen wir einen ausgewachsenen Elch. Andy machte natürlich einen Film. Er liebt es, wenn er Tiere in der Natur beobachten kann. Ich bleibe dann meistens stehen und warte bis er damit fertig ist. Irgendwann wird er wahrscheinlich auf einem Geweih davon reiten. Er kennt da wirklich nichts, ist aber jedes Mal so happy dabei. Es macht Freude, ihm dabei zuzuschauen.

Auch an diesem Tag mussten wir zuerst runtersteigen, um wieder 800 Höhenmeter zum Kokymo Pass (3665 m.ü.M.) hinaufzusteigen, aber der Fuss macht super mit. Nur bei steilen Aufstiegen spannte es im Gelenk, so ging ich langsamer und Andy wartete oben auf mich. Er konnte so jedes Murmeltier filmen, ich musste ziemlich lachen, er hat jetzt ein Selfie mit Mungg.

Selfie mit Mungg (marmot)

(Hier wollten wir drei kleine Filmli (vom Schnee, dem Mungg und der Aussicht) zeigen, es klappt leider nicht). Wir sahen viele Tageswanderer, nur vereinzelt CDT-Hiker, aber auch Velofahrer, denn den CDT kann man auch mit dem Velo machen.

Beim Abstieg kam am Nachmittag ein heftiges Gewitter mit Hagel und Regen und es donnerte über uns, dass wir froh waren schon unter der Baumgrenze zu sein.

Wir kamen um fünf im Skigebiet Copper Mountain Resort (2969 m) an. Wir steuerten gleich mit den Regenponchos ins nächste Restaurant. Wir sassen noch nicht und bekamen schon ein Bier spendiert, super Sache. Andy hatte wie üblich Hunger wie verrückt. Er verdrückte gleich die Hälfte von meinem mit. Ich bestellte mir dann einen Dessert, da machte er natürlich auch mit. Als wir zurück auf den Trail gingen: ich mit noch Hunger, er ohne, weiter im Regen.

Etwas oberhalb des Hwy übernachteten wir, als es aufhörte zu regnen. Am Freitag 24. Juni standen wir vor fünf Uhr auf, um bis zum Hwy 9 zu wandern, 20 km mit 800 Höhenmeter. Beim Abstieg im Wald stand gleich neben dem Weg ein junger Elch. Andy filmte und als ich es den anderen Wanderern sagte, kehrten die gleich um.

(Hier wäre noch ein Handyfilm vom Elch).

Wir sind um 12 Uhr beim nächsten Skigebiet Breckenridge, beim Hwy 9 nehmen wir den Bus nach Frisco. Wir brauchen auch wieder Lebensmittel für vier Tage.

Wieder mal in einem Bett zu schlafen und zu duschen statt Katzenwäsche ist schon ein grosser Genuss! Das letzte Mal, dass wir in einem Zimmer übernachtet haben ist genau 22 Tage her.

CDT 18, 19. – 21. Juni, Cottenwood-Pass – Twin Lakes

Zurück auf den CDT

Wir gingen früh morgens Richtung Buena Vista. Kaum liefen wir aus dem Zeltplatz und schon hielt eine junge Frau. Sie fuhr uns ins Dörfchen, denn dort mussten wir noch unsere Telefone und Akkus laden. In einer Bäckerei tranken wir Kaffee bis alles geladen war.

Mit dem Wetter sollte es besser werden, da auf Montag gutes Wetter angesagt war. Gestern am Samstag sah man die Sonne nur für kurze Zeit. Es gab einen Monsunregen, wir sassen diesen im Zelt aus. Also ich sagte zu Andy: „Bei uns zuhause wäre das nicht mal ein Platzregen.“

Schweizer in Colorado

Nachdem alle Akkus geladen waren, liefen wir zur Strasse Richtung Cottenwood-Pass. Daumen raus und wieder – zack! – ein Campingbus hielt an. Also dieses Glück, das wir immer haben, wenn wir irgendwo hin müssen! Unglaublich, findet Andy.

Gestern haben wir einem Mann, der sich auf den Boden neben uns gelegt hatte mit seinem Hund, Geld gegeben. Ich sage zu Andy: „Was du Gutes tust, kommt auch zurück.“ Andy findet ich hätte ein sehr einfaches Denken. Der Mann wollte das Geld nicht, ich hab’s im trotzdem gegeben, gutes Karma ist wichtig.

Sonntag war Laufen mit Poncho, denn es regnete immer mal wieder, auch Hagel war dabei. Es hat fast keinen Schnee mehr (wir laufen hier auf über 3’000 Meter Höhe) alles blüht, überall Wasser, kleine Bächlein, die ersten Schmetterlinge… der Frühling (oder hier Sommer) ist angekommen.

Ich hatte schon ein wenig Mühe mit meinem Fuss, aber Aufgeben kam nicht in Frage, es ist einfach zu schön hier. Am Sonntag machten wir etwa 22 km, das war genug für uns. Wir hatten gar nicht gedacht, dass es so gut gehen würde.

Der Montag war sowas von perfekt! Morgens hatten wir einen Aufstieg von 400 Höhenmetern zum Lake Ann-Pass auf 3850 m.ü.M, dann runter ins Tal. Immer wieder mal eine Pause eingelegt, bei herrlichem Sonnenschein.

Am Nachmittag gab’s einen knackigen Aufstieg von 800 Höhenmeter auf den Hope-Pass bis auf 3820 m.ü.M. Und natürlich wieder runter. In einer sehr spektakulären Berglandschaft. Einfach toll, es geht weiter für uns und wir sind so happy.

Am Dienstagmorgen wollten wir möglichst schnell in das kleine, historische Dörfchen Twin Lakes, Colorado. Wir nahmen die kürzere Strecke über die Flüsse, aber das war eine schlechte Entscheidung.

Beim ersten Fluss war die Strömung so stark, dass ich fast wieder schwimmen gegangen wäre. Andy meinte nach ein paarmal durchs Wasser laufen, eine Kneippkur sei nichts dagegen. Mit kalten Füsse kamen wir in Twin Lakes an.

General store in Twin Lakes

CDT 17, 13 – 17. Juni, Pause in Buena Vista

Diese fünf Tage waren sehr anstrengend für mich, denn Andy nervte sehr. Er stand jeden Morgen um sechs-halb sieben auf um Kaffee zu trinken und den Tag durch wurde’s ihm dann langweilig. Ich hingegen nahm es eher gemütlich, ich konnte ja sowieso nicht viel laufen.

Ich wusste es schon, dass es nicht einfach wird, zu warten bis der Fuss abgeheilt ist. Bei Andy muss immer etwas laufen, Abwarten ist jetzt nicht seine Stärke. Sobald der Fuss wieder halbwegs funktionierte wie er sollte, fing ich an ihn vorsichtig zu belasten. Dienstag gingen wir mit Autostop nach Buena Vista, doch mein Fuss schmerzte ziemlich beim Laufen im Dorf. Ich telefonierte noch einer Bekannten in die Schweiz, die Ärztin ist, und von ihr bekamen wir noch nützliche Tipps.

Ersten Gehversuche
Locher vom Hocker

Am ersten Tag als wir liefen war’s lustig: Einmal hielten gleich zwei Autos aufs Mal an, um uns zu fahren. Mittwoch bis Freitag liefen wir immer etwa 15 km pro Tag, ohne Medikamente und der Fuss war bis Freitag schmerzfrei beim Laufen.

In der Stadt gingen wir in die Laundry zum Duschen, denn auf dem Zeltplatz hatte es nur WCs, dafür war er gratis. Zwei Wochen Motel hier wäre etwas ins Geld gegangen.

Arkansas River

Am Freitag waren wir ziemlich niedergeschlagen, da auf dem CDT ein junger Hiker ums Leben gekommen ist. Wir kannten ihn schon vom PCT aus dem Jahr 2019 und haben wir ihn auch hier wieder getroffen. So ein Hiker, der immer etwas fand, an dem er Freude hatte, sei es eine Höhle, in der er übernachtete, oder eine kleine Schlange im Wasser.

In der Gila Schlucht hatte ich ein Foto von ihm gemacht. Er legte sich am Morgen früh in eine kleine Badewanne bei einer heissen Quelle. Wir machten Frühstückspause und er genoss das Bad.

Alex Cahoy als Cutie

Wir werden diese Begegnung mit ihm vermissen. Wir waren sicher, dass wir ihn immer wieder mal sehen würden auf dem Trail. Wir werden ihn in guter Erinnerung behalten.

Es kann immer etwas passieren, ist einfach schlimm, wenn ein so junger Mensch aus dem Leben gerissen wird. Es ist wichtig, dass man macht, was einem Freude macht und das Leben geniesst. Es sah wirklich so aus, als würde er das Hinken geniessen.

Andy beim Barber

Wir werden am Sonntag zurück gehen auf den Trail und mal schauen, wie es bei mir geht zum längere Strecken zu laufen.

Wetterbedingt werden wir erst Sonntagnachmittag zum Trail zurück in die Berge gehen. Denn auf Samstag sind starke Regenfälle und Gewitter angesagt. Die Leute hier freuen sich, Regen hier wäre sehr gut, Blitzeinschläge dagegen sehr schlecht (wegen Brandgefahr).

Licht am Ende des Tunnels

Wenn der Fuss aber wieder anschwillt, werden wir bei der nächsten Möglichkeit den Trail verlassen und zurück gehen in die Schweiz.

Wenn der Fuss stabil bleibt, werden wir den Trail weiterhin geniessen und hoffentlich in Kanada ankommen.

CDT 16, 5 – 12. Juni, Campingplatz Buona Vista

Diese acht Tage war ich verletzt auf dem Zeltplatz geblieben, es hatte immer nette Leute hier. Dan war mit seiner Frau Sarah hier zum Klettern. Er ging mit Andy zum Einkaufen in die Stadt. Für mich war es etwas langweilig, denn der Fuss wollte die ersten fünf Tage nicht abschwellen.

Sarah und Dan

Obwohl wir Medikamente bekommen haben, die stark gegen Entzündung sind. Erst am sechsten Tag war der Fuss abgeschwollen.

Der kleine Zehen blieb noch zwei Tage angeschwollen und schmerzhaft beim Gehen.

Arkansas River

Zum Glück war er nicht verfärbt, also blau oder grün. Wir waren ziemlich sicher, dass nichts gebrochen oder angerissen war.

Also warteten wir einfach, ich beim Zelt, mit Fuss hochlagern und kühlen, sehr langweilig. Ich wollte ja so schnell als möglich wieder auf den Weg zum Wandern. Andy war schwer davon zu überzeugen, dass er sicherlich nicht bei mir bleiben muss. Erst als er sicher war, dass ich nicht im Sinn hatte zu Laufen, entspannte er sich und zog los, die Gegend zu erkunden.

Er fand meistens eine Mitfahrgelegenheit oder ansonsten lief er einfach, er hatte ja sonst nichts zu erledigen. Oft brachte Andy auch etwas mit vom Dorf oder organisierte eine Pizza.

Buona Vista in Colorado

Ich kochte mir meistens etwas, so ging die Zeit auch vorbei. Ich trank viel Kaffee und schaute aus dem Zelt. Unglaublich, alles was Motoren hat, ist hier vorhanden. Hier am Felsen wird auch geklettert, da schaue ich gerne zu und überlege selbst, wo er jetzt den nächsten Griff macht. Oder wie sie die Übergänge lösen, ist echt spannend, manchmal habe ich recht und manchmal bin ich überrascht über die Lösung.

Midland Tunnels

Also auf einem belebten Zeltplatz eine Verletzung auszusitzen ist so eine gute Idee. Ich habe sicherlich wieder zugenommen, die Leute hier sind so nett. Ich humpelte ziemlich, das nur wegen einem kleinen Zeh, dafür bekam ich Eis zum Kühlen, Kuchen, Pizza etc. und Pillen fürs Abschwellen des Fusses, genial. Häl, ein Zeltnachbar, brachte uns einmal Karottenkuchen, gleich vier Stück mit Zuckerguss, so lecker. Seine Frau hatte ihn gemacht, wir genossen ein Stück zum Znacht und eins zum Frühstück, super fein.

Häl der Rettungssanitäter

An einem Abend war Andy mit dem Handy etwas googlen gegangen und ich blieb im Zelt am Fuss kühlen. Da ruft Häl von draussen „Rosi!“ und brachte mir ein leckeres Nachtessen: Spaghetti mit Oliven, Tomaten, Zucchini, Pilzen, Fleischkügelchen und dazu Brot mit Butter. So ziemlich das Beste, was ich in den Staaten gegessen habe. Ich musste mich beherrschen, dass ich nicht die ganze Portion verdrückte. Ja, ich habe wirklich die Hälfte für Andy aufbewahrt, bin etwas stolz auf mich.

Häl hatte als Rettungssanitäter gearbeitet, er schaute sich meinen geschwollenen Fuss regelmässig an. Ich machte ziemlich brav, was er sagte und der Fuss beruhigte sich langsam aber stetig, die Schmerzen gingen ebenfalls zurück.

Mein linker Wanderschuh ist gebrochen, die Sohle knickt genau beim Gelenk des kleinen Zehen durch. Deshalb gibt’s jedes Mal einen Knick im Schuh und es drückt aufs Gelenk, kein Wunder, dass der Fuss so angeschwollen war.

Aufgeschnittener Schuh

Auch Don, der Zeltplatz-Host, ist ein so lieber Kerl. Er erzählte den Leuten von unserem Problem, so dass ich immer wieder mit Leuten ins Gespräch komme und mehr als genügend Pillen erhalte, es reicht für die nächste Zeit. (Ich werde die Pillen in die nächste Hiker-Box deponieren.)

Am Sonntagmorgen gingen wir in die Stadt Bueno Vista zum Schuhe kaufen. Häl fuhr uns hin und wieder zurück. Er half mir beim Auswählen der Schuhe und den Einlagesohlen. Die neuen Schuhe sind weit bei den Zehen und extrem weiches Material. Häl ist richtig happy und ich erst, mit diesen Schuhen laufe ich schmerzfrei.

Buona Vista

Mal schauen, ob es auch für längere Strecken geht. Am Montag werde ich zuerst den Campingplatz erkunden, ins Dorf laufen oder an den Fluss gehen. Häl hatte noch ein letztes Mal Eis gebracht, bevor er zurück ging nach Hause.

Manchmal denken wir ist schon, so lässig wie die Leute miteinander umgehen. Diese Hilfsbereitschaft von wildfremden Menschen ist der absolute Wahnsinn. Als wir das letzte Mal zurück aus den Staaten wieder zuhause waren, ging ich mal zu Fuss einkaufen. Wir wohnen ziemlich abgelgen und das Wetter war richtig schlecht. Ich dachte mir, irgendjemand wird mich schon ein Stück mitnehmen. Fehlanzeige! Sogar Leute, die mich kannten, fuhren vorbei. Wahrscheinlich dachten sie, dass ich laufen will.

CDT 15, 2. – 4. Juni, Monarchpass – Buona Vista

Am Donnerstagmorgen gingen wir zum Hwy 50, der zum Monarchpass hoch geht. Wir stellten uns an einen guten Platz, um Autostop zu machen. Keine fünf Minuten standen wir dort und es kam eine junge Frau vom Parkplatz mit dem Auto und fragte, wohin wir wollten. Sie fuhr uns den ganzen Weg rauf, so waren wir schon um neun Uhr wieder auf dem Monarchpass.

Hier tranken wir noch einen Kaffee und unterhielten uns mit zwei anderen Hiker. Sie waren ganz aufgeregt, weil ihnen ein anderer Hiker gesagt hat, dass man die nächste Strecke nicht hiken kann wegen des vielen Schnees.

Wir sagten ihnen, wir werden es versuchen und sonst könnten wir immer noch irgendwo absteigen auf eine Forststrasse. Tatsache ist, das es ein tiefes Schneejahr ist, der Neuschnee war auch nicht grad viel. Das was uns mehr stört ist das Auf und Ab mit den Temperaturen und dieser Wind, teilweise sehr kalt.

Dieses Wetter hier in Colorado können wir überhaupt nicht deuten, so nehmen wir’s einfach gelassen hin. An einem Tag kannst du problemlos alle vier Jahreszeiten haben, gerne auch mehrere Male.

Vom Monachpass (3442 m) stiegen wir weiter auf, durchs Skigebiet von San Isabel bis zum Tincup Pass auf etwa 3700 m.ü.M.

Wir sahen nur vereinzelt Spuren von Hikern im Schnee. Schade, wir suchen nicht so gerne den Weg. Der war leider meistens unter dem Schnee, im Wald an den Nordhängen war dies sehr Kräfte zehrend.

Die zwei Tage liefen wir meistens mit nassen Füssen von dem vielen Eintauchen im Schnee. Die Nordhänge waren wirklich sehr nervig, wir mussten teilweise steil runtersteigen, im Wald war der Schnee gefroren oder auch nicht und dort sackten wir sogar hüfttief ein.

Am Freitag waren wir schon um 10 Uhr bei der Abzweigung und hier gibt’s die rote Linie (Route) oder die alternative violette Linie. Leider war das Wetter nicht gut und wir entschieden uns auf der tiefer liegenden, violetten Route zu bleiben. Auf der höheren Route (meistens auf 3800 m) war uns das Wetter zu unsicher. Wir dachten, oberhalb der Baumgrenze haben wir keinen Schutz, wenn es schlecht kommt mit dem Wetter.

Schade war’s doch, die violette Route bietet nicht so viele Aussichten. Es kamen zwei Pässe, der Tincup Pass (3706 müM), und einen zweiten, da wissen wir nicht wie er hiess mit 3648 m.ü.M. Kurz vor diesem Pass haben wir die zweite Nacht übernachtet.

Wir machten schon um 18 Uhr Schluss mit Laufen, denn bei meinem rechten Fuss ist der kleine Zeh beim Gelenk stark angeschwollen. Ich vermute, dass ich beim Einsacken in den Schnee den Fuss angestossen habe.

Der Zeltplatz liegt mitten im Wald in einer kleinen Lichtung und wir sassen so schön noch zwei Stunden in der Sonne. Das Wetter hatte sich beruhigt, wahrscheinlich wäre es oben wohl nicht so schlimm gewesen.

Mit Schmerzmittel konnte ich schlafen, aber mein Fuss sah leider am Morgen nicht gut aus. Wir machten uns auf den Weg zum Pass hoch, es ging so einigermassen zum Laufen, machten aber immer wieder Pausen. Oben war’s sehr schön, blauer Himmel und wir erblickten unten einen grossen See mitten im Tal, eine riesige Fläche, wunderschön und nur vereinzelt Häuser. Auch an diesem Tag ging unser Abstieg im Schnee. Wir sahen riesige Pfotenabdrücke von einem Bären. Danach noch einen Elch, der sich schnell aus dem Staub machte.

Eine Stunde später, wir sassen am Boden und machten unsere letzte Pause vor der Passtrasse, schlich ein Mann durch Gestrüpp. Er war in voller Montur zum Jagen unterwegs und kam zu uns aus dem Dickicht. Wir redeten ziemlich lange mit Nathan übers Jagen, er war sichtlich erfreut, dass er nicht alleine war hier.

Wir genossen es auch, denn wir sehen auf dem CDT fast keine Leute und er war echt spannend. Im Beruf arbeitet er auf Computer, beziehungsweise in einer Firma, die von grossen Unternehmen ihre alten Computer aufkauft, diese revidiert und wieder auf den Markt bringt. In der Freizeit streift er durch die Wälder und erlegt was ihm in die Quere kommt. Normalerweise hätte er jetzt etwas Blutiges auf seinem Rucksack, das er zu seinem Truck mitnimmt.

Ich frage ihn, ob es denn erlaubt sei um diese Jahreszeit zu jagen. Er brachte ein super Argument: er jage nicht, sondern schütze sich selbst. Darum sei er auch früh morgens unterwegs, morgens und abends sind die Tiere ja auch besser zu sehen. Den Tag durch gehe er fischen, wir mussten lachen. Nathan ging vor uns los Richtung Parkplatz und wartete auf uns. Das letzte Stück war ich nicht wirklich schnell unterwegs gewesen und wir konnten mit ihm über den Cottonwood-Pass (3696 m.ü.M.) nach Buona Vista mitfahren. Nathan zeigte uns sein Camp etwas ausserhalb des Dorfes und wir blieben gleich dort, wir bekamen noch Wasser von ihm. Danach zog er los zum Fischen und wir stellten unser Zelt auf.

Eigentlich wollten wir sowieso 4 oder 5 Tage Pause machen vom Trail, aber so mussten wir nicht in das Dorf. Ich kann sowieso nicht gross laufen, es reicht uns das Zelt. Auch hatten wir kein freies Zimmer gefunden, das halbwegs erschwinglich gewesen wäre im Preis.

Um acht Uhr kam Nathan zurück vom Fischen und fuhr mit Andy ins Dorf zum Einkaufen für die nächsten zwei Tage für uns. Den Abend verbrachten wir mit ihm. Er erzählte vom Jagen und Schiessen. Dass er verrückt werden würde ohne dieses Outdoorleben am Wochenende. Wir verstehen, was er meint, uns zieht es ja auch weg aus dem normalen Leben, jeder braucht seine Insel im Leben.

Ich muss gestehen, dass ich nach diesem Abend etwas besser verstehen kann, was die Faszination am Schiessen ist. Obwohl ich nie eine Schusswaffe möchte, nein, es würde viel Leid nicht geben ohne Waffen. Er erzählte es uns so: „Da ist das Tier, da bin ich, und ich muss es ohne zu verängstigen mit einem sauberen Schuss erlegen. Manchmal dauert es Tage bis ich etwas erlegen kann.“ Nathan geht jedes Wochenende schiessen, er trainiert das seit Jahren mit anderen Gleichgesinnten. Das gehört einfach zu ihm, das erkennt man rein daran, wo er sitzt oder steht, die Waffe ist bei ihm.

Er ist ein super lieber Mensch, hilfsbereit und auch ein wenig crazy. Am Montagmorgen wird er zurückgehen in sein Job und wir bleiben hoffentlich noch auf unserer Insel in dieser verrückten Zeit.

CDT 14, 30. und 31. Mai, Razor Creek – Monarchpass

Die nächsten eineinhalb Tage, die Nacht auf den 30. Mai waren extrem kalt. Unser Zelt war am Morgen mit Eis und Schnee bedeckt. Wir brauchten etwas mehr Zeit bis wir loslaufen konnten, zuerst mussten wir das Zelt mit einem Tuch abrubbeln, denn die Eistropfen klebten hartnäckig am Aussenzelt fest.

Wir konnten am Tage unser Material an der Sonne trocknen, das war super und so waren wir recht entspannt. Mit nassem Zelt und Schlafsack wäre es natürlich viel unangenehmer gewesen. In den Nächten hatten wir alles angezogen, was wir dabei hatten, so konnten wir gut schlafen. Aber nachts Aufstehen oder aufs WC gehen, brauchte schon Überwindung.

Die Strecke war einfach nur Wandervergnügen pur. Traumhafte Bergwelt, mit dem wenigen Neuschnee sahen die Berge sehr schön aus.

Blumen auf 3500 müM

Dazu kam für mich, dass ich diese eineinhalb Tage massiv weniger Gewicht hatte im Rucksack. Meistens nimmt mir Andy die letzten zwei Tage von einem Streckenabschnitt Gewicht ab, weil das Essen ja weniger wird.

Ich hike wirklich mit dem liebsten Hikerpartner. Wenn ich irgendwo nicht raufkomme, zieht er mich einfach rauf.

Auf ca 3600 müM

Oder wenn ich wiedermal denn Weg verliere, wartet er, beziehungsweise er ist meistens in der Nähe, um zu verhindern, dass ich zu stark vom Weg abweiche. Das zweite Mal liefen bis 20 Uhr und machten noch ziemlich Kilometer. Wir übernachteten auf dem Marshallpass auf 3319 m.ü.M mit Sonnenuntergang.

Marshallpass auf 3319 müM

Am nächsten Morgen: genial, kein Zelt abreiben, nicht saukalt und kein Wind. So liefen wir die letzten 17 km bis zum Monarchpass auf 3448 Meter Höhe in viereinhalb Stunden. Die Sicht auf die umliegenden Berge (Rocky Mountains) war wieder sehr eindrucksvoll und erst in der Höhe Wind, besser ging’s nicht.

Wir kamen mit super Laune am Pass an, liefen lachend zum Passschild und klatschen uns ab.

Ein Mann sah uns und hatte sichtlich Freude gut gelaunte Hiker zu sehen. Auf der Strecke von Del Norte bis zum Monarch-Pass haben wir genau vier Hiker gesehen, am letzten halben Tag, sind nicht grad viele hier.

Der etwas schmutzige Mann fragte, ob er uns irgendwohin bringen dürfe. Da sagten wir natürlich: Ja gerne! Er brauchte etwas Zeit, um im Auto erst Platz zu schaffen, soviel Material hatte er darin.

Bei der Talfahrt erzählte er uns, dass er ein Stück des CDT-Trails instand stelle für uns Hiker. Wir bedankten uns bei ihm dafür, weil ohne diese sehr angeschirrten Helfer sähe der Weg nicht so aus.

Die zwei Hiker, die vor uns auf dem Pass angekommen waren, hatten diesen wirklich netten Mann sehr herablassend behandelt. Er wollte ihnen auch ein Gefallen machen und einer hatte zu ihm gesagt, er sollte verschwinden.

Natürlich sah der Mann etwas dreckig aus und sein Auto war auch nicht grad das Neuste. Aber wenn man hingeschaut hätte, wäre schnell zu erkennen gewesen, dass der Mann am Trail arbeitet. Er hatte den CDT-Kleber am Auto und wusste ziemlich Bescheid über die Hiker und Verhältnisse am Trail.

Das ist so herablassend, einige stellen sich einfach über eine Person oder meinen, sie seien was besseres. Obwohl sie überhaupt keine Ahnung haben, wen sie vor sich haben. Das ist so kein Benehmen, da könnte ich glatt platzen.

Jedenfalls fuhr er uns ins Städtchen Salida direkt zum Hotel. Wir wollten ihm was geben fürs Fahren, er wollte natürlich nichts.

Salida, Heart of the Rockies, liegt auf 2156 m.ü.M. und ist beliebt bei Berg- und Sport-Touristen. Durch das Städtchen Salida (rund 5600 Einwohner) fliesst der Arkansas River und die Berge rings um das Arkansas-Tal werden im Winter weiss und im Tal bleibt’s grün.

Das Städtchen muss man gesehen haben mit all diesen schönen historischen und unterschiedlichen Häusern.

Wir schlendern durch das hübsche Zentrum, und spazieren auch durch die herumliegenden Wohngebiete in diesen anderthalb Tagen. So eine friedliche und ruhige Atmosphäre. Überall wird etwas gemacht, im Garten oder an den Gebäuden.

Als wir zur Laundry laufen, sehen wir auf den Rasenflächen vor den Häusern mehrere Deer, so etwas wie Rehe, am Grasen.

Im Norden kommen nun die nächsten Berge, die Sangre de Cristo Mountains, durch die wir laufen werden.

CDT 13, 26. – 29.Mai, Del Norte – Razor Creek

Das Motel war ein Erlebnis für sich, für 75 Dollar eine Nacht. Der Angestellte, freundlich wie er war, machte uns darauf aufmerksam, dass er das Zimmer gerade erst gereinigt habe. Also dies hätten wir nicht gemerkt, vor dem Badezimmer klebte Andy mit den Schuhen am Teppich. Ich versuchte die Dusche zu überzeugen, Wasser mit etwas Druck zu bringen, gerne auch warm.

Nach längerem Drehen und Warten klebten meine Socken auch fest am Boden des Badezimmers und das Wasser blieb eisig kalt. Ich holte den Angestellten, er probierte etwa das Gleiche wie ich, leider auch erfolglos. Er holte danach den Besitzer, der in langen Unterhosen erschien. Ich blieb entspannt, Andy eher nicht. Ich erklärte ihm, dass wir gerne warm duschen wollten oder das Geld zurück. Er war sehr bemüht und gab uns ein anderes Zimmer.

Das zweite Zimmer übertraf das erste, im Negativen, aber die Dusche war gewillt, warmes sogar heisses Wasser zu liefern.

Mir genügte das, Andy sagte nichts, war aber sichtlich genervt. Ich zu sagte zu ihm: „Was erwartest du wenn jemand in Unterhosen rumläuft?“ und er lachte wieder.

Auf 2500 müM

Der erste Tag auf der Alternativ-Route. Erst eine riesen Schlaufe um den Flughafen, danach auf gingen wir Schotterpisten bis zum Dorf La Garita. Bei einer Abzweigung stand auf einem Schild, es gebe hier „The best Burger“ im Tal. Eigentlich geht die alternative Route, die etwa 1000 Höhenmeter tiefer liegt als die Originalroute, aber nicht bis zu diesem Dorf. Ein ortsansässiges Paar nahm uns mit bis zu diesem Restaurant.

Sauber wie vor 150 Jahren

So ein genialer Ladenbesitzer war dort, der machte Sandwich so lecker. Dazu tranken wir etwa 2 Liter Milch und Soda und assen zum Abschluss noch einen Becher Ice-Cream.

Den Nachmittag liefen wir mit Bauchweh weiter durchs Tal. Wir mussten bis in den Abend laufen, denn in diesem Tal kam ein Anwesen nach dem anderen, alles Privatbesitz und überall eingezäunt. Zwei nette Männer nahmen uns dann zu einem Campingplatz mit, der etwas abseits von unserem Weg war.

Blühender Kaktus

Wir sassen hinten auf der runtergeklappten Heckklappe, war mal was Neues, zum Glück eine kurze Strecke von 4 Meilen.

Den zweiten Tag liefen wir früh morgens erst mal zurück zu unserem Weg. Es war Samstag und wir sahen auf dieser Strecke zum Carrero Pass alles, was Motoren hatte.

3099 müM

Teilweise mussten wir lachen. Zum Beispiel fuhr ein Mann mit einem Vierradtöff und mit Baby auf dem Rucken uns vorbei und das Baby hatte noch den Schnuller im Mund. Dann auch Kinder mit Motorrädern, mit Vollgas durch den Wald, schon etwas laut war es.

Fahrzeugepark im Wald

Eines war aber sehr interessant, egal wie schnell sie angeschossen kamen, alle bremsten ab, um uns zu Winken und brausten dann mit Vollgas weiter.

Aus diesem Tal heraus mussten wir leider noch etwa 10 Kilometer auf der Schnellstrasse, dem Hwy Colorado 114, laufen. Hier wurde leider nicht gebremst. Die Autos fuhren etwa mit 105 km/h an uns vorbei, sehr unangenehm dazu noch kräftiger Wind.

10 km Gerade aus

Am Abend liefen wir noch ein gutes Stück weg von der Strasse, wir hatten genug vom Lärm.

Am nächsten Mittag ging’s zurück auf die CDT-Hauptroute, also zurück in die Berge.

Der Weg hinauf ging durch nicht schönen Wald, mehr totes Holz als grüne Tannen. Gegen Abend kam’s noch viel schlimmer mit dem Wetter, es schneite und die Temperatur viel tief.

Wir hatten erwartet, hier wieder Hiker zu sehen, doch trafen den ganzen Tag keine Menschenseele. Andy hatte an diesem Tag seinen 29. Mai Geburtstag. Ich liess bei meinem Handy die mobilen Daten eingeschaltet, so kamen mitten im Wald einige Gratulationen aus der Schweiz angerauscht. Er freute sich riesig über alle nette Worte, so machte uns das miese Wetter weniger aus.

Der Tag danach

Anmerkung Andy:
Rosas Gratulation bestand darin: (nur weil ich ein wenig betrübt war wegen des Wetters und der Kälte) Ich solle mich doch in den Wald legen und die Schuhe zusammenstellen, mit 55 sei’s sowieso vorbei. Manchmal ist sie so eine Feinfühlige…

CDT 12, 22. – 26. Mai, Cumbres-Pass – Del Norte

Am Sonntag stellten wir uns an die Passtrasse in Chama (Cumbres Pass). Kaum hatten wir die Rucksäcke abgestellt, kam schon ein Ehepaar und fuhr uns auf den Pass. Es hatte fast kein Verkehr, da es Sonntagmorgen war. Das Paar machte einfach schnell eine Ausfahrt mit uns.

Rock Biby 3710 müM

Der Aufstieg war sehr beeindruckend auf 3710 Höhenmeter (Rock Biby) und es hatte gewindet, über uns teilweise fast schwarze Wolken. Danach stiegen wir so schnell es ging runter, da das Wetter kalt und nass war. Wir mussten das Zelt schon um fünf am Abend stellen. Der nächste Morgen waren wir im Schnee, nicht grad das, was wir erwartet hatten.

Unverhofft kommt oft

Die nächsten zwei Tage waren es Wandern im Schnee, Regen und Blizzard. In Chama hatte uns ein Mann das Wetter vorhergesagt, genauso, wie es diese drei Tage war. Wir hatten das Wetter im Internet nachgesehen und meinten es besser zu wissen, selber schuld.

Der Restschnee war für uns nicht sehr gefährlich. Nur zwei Querrungen waren kritisch.

Dort sind wir sehr konzentriert gewesen, das nichts passierte.

Kleiner Blizzard auf 3850 müM

Nach drei Nächten in der Kälte, gingen wir auf die tiefer liegende Strecke des CDT. Am Morgen waren wir im Schnee auf 3650 m.ü.M., am Abend im Tal (San Luis Valley) auf 2400 m.ü.M. bei Kirstin bei einem Glas Rotwein.

Wir liefen möglichst weit am letzten Tag, weil wir im Dorf (Del Norte) frühstücken wollten.

Um sieben merkten wir, dass links und rechts alles Privatgrundstücke waren. Andy und ich dachten, wir müssten bis zum Dorf weiterlaufen, denn auf Privatgrundstücken zelten ohne zu fragen wollten wir nicht. Da kam ein Auto und ich hielt die Hand raus. Ich fragte die Frau, wo man hier vielleicht ein Zelt stellen könnte. Kurzerhand nahm Kirstin uns gleich mit zu sich nach Hause. Es war ein sehr schönes Grundstück und mit viel Liebe fürs Detail.

Sitzplatz am River

Diese Gastfreundschaft bei Kristin und Scott war unglaublich. Wir hätten auch ein Bett bekommen, duschen können, sehr lieb von den Zweien.

Wir waren so verschmutzt, dass wir unser Zelt im Garten stellten. Wir hatten auch kein sauberes Kleidungsstück dabei. Am nächsten Morgen fuhr uns Kristin in das Dorf, wo wir ein Motel buchten für eine Nacht.

Kirstin und Scott
Del Norte

Wir assen zweimal Frühstück, duschten und haben in der Laundry alle unsere Kleider gewaschen. Auch in der Laundry diese Freundlichkeit, ist echt was uns begeistert. Als der Automat mit dem Waschmittel unser Geld schluckte, aber kein Waschmittel raus gibt, geht eine Anwohnerin schnell mit dem Auto nach Hause und kommt nach kurzer Zeit zurück mit Waschmittel, super nett.

Unser Plan ist, möglichst viele Kilometer pro Tag zu machen. Jetzt auf dieser Alternativstrecke vom CDT, weil wir Mitte September an der kanadischen Grenze sein möchten. In den Bergen machen wir höchstens 25 km pro Tag, im einfacheren Gelände meistens über 40 km.

Trocknen des Materials

Unser Sohn heiratet Mitte Oktober und das wollen wir natürlich nicht verpassen. Spass beiseite, wir freuen uns sehr, dann unsere Kinder wieder zu sehen.