Morgens um halb fünf in der Früh aufgestanden, Andy schiesst Fotos vom Sonnenaufgang. Andy liebt Sonnenaufgänge, ich packe derweil ein, weil wenn Andy diese zu fotografieren beginnt, kann das dauern. Seit wir zwei uns kennen (über 30 Jahre), werden Sonnenaufgänge und Untergänge einfach fotografiert von ihm. Früher hat er mich ständig für Sonnenaufgänge geweckt, bis ich ihm auf einer Australienreise mal gesagt habe, er soll mich erst holen, wenn die Sonne oben ist. Das kam dann bei ihm nicht so gut an, dafür bei den Kindern. In der Ferne sehen wir Lichter einer Stadt, aber sind uns nicht sicher, von welcher Stadt.
Der Plan für den heutigen Tag ist bis Hikertown zu laufen. Also gleich los ohne Frühstück, ein Riegel tut es auch. Wir treffen nach einer Weile auf die «Red Dogs», die zwei scheinen es heute nicht eilig zu haben, normal sind sie schneller unterwegs. Nach einem Schwatz mit ihnen gehen wir weiter. Die Landschaft ist immer etwa die gleiche, kleinere Hügel, trocken und der Weg zieht sich in ewigen Schlaufen dahin.
Wir laufen einen Hang hinunter und treffen auf einen Pick-up. Der Fahrer des Fahrzeugs fängt gleich an, Fleisch- und Käseplatten und alles Mögliche aus dem Fahrzeug zu räumen und unter den Baum zu stellen. Wir können es kaum glauben, das ist ja wie Apero in der Wüste! Krass, ist doch recht übertrieben für Hiker und wird sicherlich recht teuer gewesen sein. Er will, dass wir uns hinsetzen und essen, was wir ja gerne machen. Es gesellen sich nach einer Weile die zwei Deutschen und die «Red Dogs» dazu. Da wird uns klar, wieso dieses fürstliche Essen. Der Red Dog-Mann war früher Richter gewesen und sie haben auf dem ganzen Trail 62 fahrende Versorgungsposten.
Das ist Hiken 1. Klasse und wir dürfen mitessen, nicht schlecht. Er seinerseits ist recht zielstrebig. Natürlich weiss er bestens Bescheid über die Schneeverhältnisse in der High Sierra. Er hört, wir sind Schweizer, Schweizer gleich Schnee, ist ja klar. Er beschliesst kurzerhand, dass wir die richtigen Partner seien, mit denen er über die High Sierra gehen will. Er macht gleich Nägel mit Köpfen, Start sei in zehn Tagen in Kennedy Meadows.
Wir geniessen das Essen und gehen weiter. Zwar ein nettes Paar, aber bei ihm merkt man, dass er sich gewohnt ist Entscheidungen allein zu treffen. Wir sind es auch gewohnt, Entscheidungen selber zu treffen. Wie und mit wem wir durch die High Sierra gehen werden, werden wir in Kennedy Meadows entscheiden. Das deutsche Paar möchte mit den Red Dogs in die High Sierra, aber 10 Tage ist ein sportliches Ziel bis Kennedy Meadows und ihr Bein sieht noch recht geschwollen aus. Da bin ich mit meinen Blasen schon besser dran. Wir gehen weiter.
Etwa um 12 Uhr sind wir in der Hikertown. Hikertown ist ein Grundstück gleich neben dem Weg. Es hat hier mehrere Gebäude wie in einer Westernstadt. Die meisten Hiker machen hier einen Zero Day bevor es weitergeht. Der Besitzer des Grundstücks unterstützt die Hiker. Ein sehr netter Kerl, wir dürfen sogar sein Auto ausleihen, um in die Ortschaft zufahren um einen Burger zu essen. Hier duschen wir und warten bis zum Abend, um in der Nacht zu wandern. Um 19 brechen Andy und meine Wenigkeit auf. Zuerst an einem Wasserkanal entlang und über das LA Wasseraquädukt. Auf der Röhre gehen wir ca. drei Meilen schnurgerade weiter. Dann wandern wir durch die Mojave-Wüste bis morgens um 1 Uhr. Dann endlich Matte raus, aufblasen und drei Stunden schlafen. Wir haben einen wunderschön klaren Himmel mit vielen Sternen, eine herrliche Nacht.