Am Donnerstagmorgen gingen wir zum Hwy 50, der zum Monarchpass hoch geht. Wir stellten uns an einen guten Platz, um Autostop zu machen. Keine fünf Minuten standen wir dort und es kam eine junge Frau vom Parkplatz mit dem Auto und fragte, wohin wir wollten. Sie fuhr uns den ganzen Weg rauf, so waren wir schon um neun Uhr wieder auf dem Monarchpass.

Hier tranken wir noch einen Kaffee und unterhielten uns mit zwei anderen Hiker. Sie waren ganz aufgeregt, weil ihnen ein anderer Hiker gesagt hat, dass man die nächste Strecke nicht hiken kann wegen des vielen Schnees.
Wir sagten ihnen, wir werden es versuchen und sonst könnten wir immer noch irgendwo absteigen auf eine Forststrasse. Tatsache ist, das es ein tiefes Schneejahr ist, der Neuschnee war auch nicht grad viel. Das was uns mehr stört ist das Auf und Ab mit den Temperaturen und dieser Wind, teilweise sehr kalt.
Dieses Wetter hier in Colorado können wir überhaupt nicht deuten, so nehmen wir’s einfach gelassen hin. An einem Tag kannst du problemlos alle vier Jahreszeiten haben, gerne auch mehrere Male.

Vom Monachpass (3442 m) stiegen wir weiter auf, durchs Skigebiet von San Isabel bis zum Tincup Pass auf etwa 3700 m.ü.M.
Wir sahen nur vereinzelt Spuren von Hikern im Schnee. Schade, wir suchen nicht so gerne den Weg. Der war leider meistens unter dem Schnee, im Wald an den Nordhängen war dies sehr Kräfte zehrend.

Die zwei Tage liefen wir meistens mit nassen Füssen von dem vielen Eintauchen im Schnee. Die Nordhänge waren wirklich sehr nervig, wir mussten teilweise steil runtersteigen, im Wald war der Schnee gefroren oder auch nicht und dort sackten wir sogar hüfttief ein.

Am Freitag waren wir schon um 10 Uhr bei der Abzweigung und hier gibt’s die rote Linie (Route) oder die alternative violette Linie. Leider war das Wetter nicht gut und wir entschieden uns auf der tiefer liegenden, violetten Route zu bleiben. Auf der höheren Route (meistens auf 3800 m) war uns das Wetter zu unsicher. Wir dachten, oberhalb der Baumgrenze haben wir keinen Schutz, wenn es schlecht kommt mit dem Wetter.

Schade war’s doch, die violette Route bietet nicht so viele Aussichten. Es kamen zwei Pässe, der Tincup Pass (3706 müM), und einen zweiten, da wissen wir nicht wie er hiess mit 3648 m.ü.M. Kurz vor diesem Pass haben wir die zweite Nacht übernachtet.

Wir machten schon um 18 Uhr Schluss mit Laufen, denn bei meinem rechten Fuss ist der kleine Zeh beim Gelenk stark angeschwollen. Ich vermute, dass ich beim Einsacken in den Schnee den Fuss angestossen habe.

Der Zeltplatz liegt mitten im Wald in einer kleinen Lichtung und wir sassen so schön noch zwei Stunden in der Sonne. Das Wetter hatte sich beruhigt, wahrscheinlich wäre es oben wohl nicht so schlimm gewesen.
Mit Schmerzmittel konnte ich schlafen, aber mein Fuss sah leider am Morgen nicht gut aus. Wir machten uns auf den Weg zum Pass hoch, es ging so einigermassen zum Laufen, machten aber immer wieder Pausen. Oben war’s sehr schön, blauer Himmel und wir erblickten unten einen grossen See mitten im Tal, eine riesige Fläche, wunderschön und nur vereinzelt Häuser. Auch an diesem Tag ging unser Abstieg im Schnee. Wir sahen riesige Pfotenabdrücke von einem Bären. Danach noch einen Elch, der sich schnell aus dem Staub machte.
Eine Stunde später, wir sassen am Boden und machten unsere letzte Pause vor der Passtrasse, schlich ein Mann durch Gestrüpp. Er war in voller Montur zum Jagen unterwegs und kam zu uns aus dem Dickicht. Wir redeten ziemlich lange mit Nathan übers Jagen, er war sichtlich erfreut, dass er nicht alleine war hier.

Wir genossen es auch, denn wir sehen auf dem CDT fast keine Leute und er war echt spannend. Im Beruf arbeitet er auf Computer, beziehungsweise in einer Firma, die von grossen Unternehmen ihre alten Computer aufkauft, diese revidiert und wieder auf den Markt bringt. In der Freizeit streift er durch die Wälder und erlegt was ihm in die Quere kommt. Normalerweise hätte er jetzt etwas Blutiges auf seinem Rucksack, das er zu seinem Truck mitnimmt.
Ich frage ihn, ob es denn erlaubt sei um diese Jahreszeit zu jagen. Er brachte ein super Argument: er jage nicht, sondern schütze sich selbst. Darum sei er auch früh morgens unterwegs, morgens und abends sind die Tiere ja auch besser zu sehen. Den Tag durch gehe er fischen, wir mussten lachen. Nathan ging vor uns los Richtung Parkplatz und wartete auf uns. Das letzte Stück war ich nicht wirklich schnell unterwegs gewesen und wir konnten mit ihm über den Cottonwood-Pass (3696 m.ü.M.) nach Buona Vista mitfahren. Nathan zeigte uns sein Camp etwas ausserhalb des Dorfes und wir blieben gleich dort, wir bekamen noch Wasser von ihm. Danach zog er los zum Fischen und wir stellten unser Zelt auf.
Eigentlich wollten wir sowieso 4 oder 5 Tage Pause machen vom Trail, aber so mussten wir nicht in das Dorf. Ich kann sowieso nicht gross laufen, es reicht uns das Zelt. Auch hatten wir kein freies Zimmer gefunden, das halbwegs erschwinglich gewesen wäre im Preis.

Um acht Uhr kam Nathan zurück vom Fischen und fuhr mit Andy ins Dorf zum Einkaufen für die nächsten zwei Tage für uns. Den Abend verbrachten wir mit ihm. Er erzählte vom Jagen und Schiessen. Dass er verrückt werden würde ohne dieses Outdoorleben am Wochenende. Wir verstehen, was er meint, uns zieht es ja auch weg aus dem normalen Leben, jeder braucht seine Insel im Leben.
Ich muss gestehen, dass ich nach diesem Abend etwas besser verstehen kann, was die Faszination am Schiessen ist. Obwohl ich nie eine Schusswaffe möchte, nein, es würde viel Leid nicht geben ohne Waffen. Er erzählte es uns so: „Da ist das Tier, da bin ich, und ich muss es ohne zu verängstigen mit einem sauberen Schuss erlegen. Manchmal dauert es Tage bis ich etwas erlegen kann.“ Nathan geht jedes Wochenende schiessen, er trainiert das seit Jahren mit anderen Gleichgesinnten. Das gehört einfach zu ihm, das erkennt man rein daran, wo er sitzt oder steht, die Waffe ist bei ihm.
Er ist ein super lieber Mensch, hilfsbereit und auch ein wenig crazy. Am Montagmorgen wird er zurückgehen in sein Job und wir bleiben hoffentlich noch auf unserer Insel in dieser verrückten Zeit.


